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Sandra 2022
Vor einigen Jahrzehnten habe ich in Freiburg i.Br. - als Junge - das Licht der Welt erblickt.
Wenn ich damals gewußt hätte, was auf mich zukommt - ich wäre sofort wieder umgekehrt und in meine warme Höhle zurück gekrabbelt.
Meine Jugend verbrachte ich - bis zu meinem 18. Lebensjahr - an 10 verschiedenen Lokationen in Europa.
Nach Ausbildung und Lehrzeit als Siebdrucker, habe ich über einen Zeitraum von fast 10 Jahren, als Verantalter von Rockkonzerten und Festivals mit Bands wie Free, Uriah Heep, Status Quo, Rory Gallagher, Golden Earring, Manfred Man`s Earthband, Steve Winwood, Colloseum, Steamhammer, UFO, Scorpions, Savoy Brown, Beggars Opera, Atomic Rooster usw. ein absolut chaotisches, vogelfreies Leben im Turbotempo,geführt.
Da ich als Impressario auch für die Bespaßung der Herrschaften nach den Gigs zuständig war und das damalige Motto "Sex, Drugs and Rock`n Roll" hieß, kann man sich sicher mit etwas Fantasie vorstellen, wie der Ablauf meiner Tage war. Ich muß 1.000 Schutzengel gehabt haben, dass ich diese Zeit ohne nennenswerte Blessuren überstanden habe.
Immer in meinem virtuellen Rucksack mit dabei: Sandra...
Nach dieser wilden Zeit, von der ich keinen einzelnen Tag missen möchte, habe ich in diversen international ausgerichteten Zulieferunternehmen der grafischen Industrie meine vertriebliche Karriere gestartet, die 2012 ein jähes Ende fand. Dazu später mehr...
2008 Entdeckung der Kunst als wichtige therapeutische Komponente, um den durch die - sich wie ein roter Faden durch mein Leben ziehende - Transidentität/Transsexualität, immer stärker werdenden psychischen und physischen Druck zu mildern und aufzufangen.
Seit 2013 arbeite ich als freischaffende Künstlerin, Fotografin und Autorin.
Das ich anders als andere Jungs bin, wurde mir zum ersten Mal im Alter von 6 Jahren bewusst. Ich habe lieber mit Mädchen gespielt, habe mich gern als Mädchen verkleidet und bin jeder Keilerei aus dem Weg gegangen. Ab diesem Zeitpunkt hat sich die Transidentität/Transsexualität - mit all ihren Höhen und Tiefen - als roter Faden durch mein Leben gezogen.
In den 60er, 70er und auch noch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, konnte die Gesellschaft mit dem Thema Transsexualität und den davon betroffenen Menschen nicht viel anfangen. Die Leute waren extrem verklemmt und konservativ. Von der Wissenschaft war keine große Unterstützung zu erwarten. Die wenigen diesbezüglichen Studien waren einfach noch nicht aussagekräftig. Das hatte zur Folge, dass man Menschen wie mich kurzerhand als geisteskrank und pervers abgestempelt hat.
Das Rotlicht Milieu bot damals vielen Transsexuellen die einzige Überlebensmöglichkeit. Dort mussten sie sich - als Stripperin, oder Prostituierte - ihren Lebensunterhalt verdienen.
Aus diesen gesellschaftlichen, aber auch familiären Zwängen, sowie den daraus resultierenden existenziellen Ängsten, ließ sich für mich ein Leben als Frau nie realisieren.
Das Resultat war ein jahrelanges, erniedrigendes und verhängnisvolles Versteckspiel.
Die Folgen: alkoholische Ekzesse, sowie das klägliche Scheitern mehrerer Ehen und Beziehungen durch mein - damit ja kein Zweifel an meiner Männlichkeit aufkam - extrem machohaftes Auftreten und Benehmen. Ich befand mich in einem permanenten "Kriegszustand" mit mir selber.
Meiner Karriere - in der von Männern dominierten - grafischen Industrie tat das alles keinen Abbruch.
Meinen Job - als Vertriebsdirektor von Investitionsgütern im siebenstelligen € Bereich - als Frau fortzuführen, wäre aus Akzeptanzgründen undenkbar gewesen und hätte meinen Ruin bedeutet.
2011 - Diagnose: Prostatakrebs mit daraus resultierender Radikaloperation.
Der operationsbedingte Verlust meiner männlichen Sexualität hat mich erstaunlicherweise überhaupt nicht belastet. Im Gegenteil. Für mich war es ein befreiendes Zeichen des Schicksals. Ich musste mich endlich der Realität stellen und akzeptieren, dass ich ein Leben im falschen Körper führe.
Ich muss dazu sagen, dass ich absolut kein esoterisch oder spirituell veranlagter Mensch bin.
Befeuert durch weitere negative Ereignisse im privaten - erneutes Scheitern einer Ehe - sowie im beruflichen Umfeld, kam 2012 das, was kommen musste - der totale physische und psychische Zusammenbruch.
Daraus resultierte ein mehrmonatiger Klinikaufenthalt und die Erkenntnis, dass ich auf Grund meiner Identitätsstörung einen permanenten, selbstmörderischen "Krieg" gegen mich selber führe. In der Folgezeit habe ich - unterstützt durch viele psychologische Einzelgespräche und diverse Publikationen in den Medien - erkannt, dass es verschiedene Wege des Umgangs mit der Transidentität gibt.
Die für mich wohl wichtigste Erkenntnis war, dass in mir nicht zwei verschiedene Personen leben, sondern dass "ICH", egal wie ich mich kleide und präsentiere, immer die gleiche Person, nämlich "ICH" bin. Was sich hier so einfach und logisch liest, musste ich mir wirklich hart erarbeiten.
Das war der endgültige Wendepunkt in meinem Leben.
Ich habe gelernt, dass ich nur mir selber gegenüber verantwortlich bin. Ich habe gelernt, dass ich um mein Glück zu finden, mich so akzeptieren muss wie ich bin. Fortan habe ich konsequent mein Ding durchgezogen und in der Folge endlich mit mir selber Frieden geschlossen.
Seitdem bin ich mit mir im Reinen.
Parallel dazu habe ich die - wie ich finde - höchste Form der persönlichen Freiheit erreicht:
ES IST MIR EGAL, WAS ANDERE ÜBER MICH DENKEN UND REDEN
Nicht in der umgangssprachlichen Form von "...ist mir egal", sondern ich vertrete meine Meinung und Lebenseinstellung und lasse mich nicht mehr vom Mainstream beeinflussen und lenken.
Kurt Cobain hat das in wunderbare Worte gefasst:
"IHR LACHT ÜBER MICH, WEIL ICH ANDERS BIN. ICH LACHE ÜBER EUCH, WEIL IHR ALLE GLEICH SEID"
Eine geschlechtsangleichende Operation war und ist für mich - aus unterschiedlichen Gründen - keine Option.
Es ist eine einmalige - nicht zu unterschätzende - individuelle und endgültige Entscheidung, denn es handelt sich um einen schwierigen chirurgischen Eingriff, der automatisch auch die Psyche - in nicht unerheblichen Maße - mit einbezieht und beansprucht.
Diese folgenschwere Entscheidung und die daraus resultierenden, nicht unerheblichen Konsequenzen muss jede Betroffene mit sich selber ausmachen.
Gespräche mit Frauen die diesen Weg gegangen sind und ihn nicht noch einmal gehen würden, haben mich in meiner Meinung bestärkt, mich so zu akzeptieren wie ich bin.
Meine genetische Ausstattung mütterlicherseits, hat mir diese Entscheidung relativ einfach gemacht.
Gut, es gibt immer irgendeinen Grund am Erscheinungsbild rumzumäkeln, aber das ist halt ein Teil der weiblichen DNA mit der ich gut leben kann und gelegentlich auch bewußt kokettiere.
Ich fühle mich in meinem Körper - so wie er ist - pudelwohl. Wir sind zusammen aufgewachsen und mögen und verstehen uns mitlerweile wieder.
Davon abgesehen bin ich der Meinung, dass sich Sexualität und Geschlecht nicht nur zwischen den Beinen, sondern hauptsächlich zwischen den Ohren abspielen.
Wie bereits erwähnt: Ich habe die höchste Stufe der persönlichen Freiheit erreicht...
Der Erlös aus dem Verkauf meiner Bilder und Skulpturen, ist - neben der Rente - ein finanzielles Zubrot und ermöglicht mir ein - von den üblichen Querschlägern mal abgesehen - bescheidenes, zufriedenes, äußerst glückliches Leben.
Ich bin kein "Vereinsmensch", aus dem Grund habe mich auch nie von der Trans-Community vereinnahmen lassen, sondern bin ganz erfolgreich meinen eigenen Weg gegangen, denn mein Anspruch an mich war immer:
"Als Frau unter Frauen zu leben, nicht als Transfrau unter Transfrauen."
Klingt vielleicht ziemlich arrogant, ist aber nicht so gemeint...
Mein Gemälde "Go Your Own Way" zeigt das Ergebnis meines Weges...
Eine glückliche, zufriedene Frau...
Mein früheres Leben in Saus und Braus vermisse ich absolut nicht. Ich habe tolle Häuser bewohnt, teure Autos gefahren, in den besten Restaurants diniert, habe mich an Hotelpools in Afrika und der Karibik in der Sonne geaalt, habe mich auf den Parties einer oberflächlichen sog. High Society gelangweilt...
Eines habe ich dabei jedoch nie gefühlt - die innere Ruhe und Zufriedenheit, die ich heute empfinde.
Ich nenne es " Mein inneres Glück"
Die Kunst hat sich mittlerweile zum Mittelpunkt meines Lebens entwickelt.
Wobei die Pop Art mich bereits seit meiner Jugendzeit in ihren Bann gezogen hat. Anfangswerke von mir waren noch Reproduktionen von Bildern des Pop Art "Stars" Roy Lichtenstein.
Innerhalb kurzer Zeit habe ich begonnen meinen eigenen Stil zu entwickeln und diesen in seiner bunten Herrlichkeit, im Lauf der Jahre konsequent weiter verfolgt.
Die in den vergangenen Jahren entstandenen Gemälde und Skulpturen, beschäftigen sich zum Teil auch mit dem Thema „Transidentität“ und sind ein Spiegel meines Seelenlebens und den damit verbundenen Wünschen und Träumen eines transidenten Menschen, nach Anerkennung, Respekt, Partnerschaft, Liebe und Geborgenheit.
Trotz manch düsterer Gedanken, sind meine Werke durch ihre intensive Farbigkeit, Ausdruck einer unbändigen - von ausgeprägter Lebensfreude und Neugier begleiteten - Lebenslust.
Meine Kunst beinhaltet - außer dem Wunsch, dass sie den Betrachtern meiner Werke ein Lächeln der Erinnerung - an schöne Zeiten, oder Ereignisse - in die Gesichter zaubert und sie für kurze Zeit aus dem Alltag entführt, nur eine Botschaft:
TRÄUMT NICHT EUER LEBEN, SONDERN HABT DEN MUT UND LEBT EUREN TRAUM.